Die Türkei hat in den letzten Jahren ein starkes Wirtschaftswachstum erlebt. Man liest ab und zu Berichte, dass die Türkei kurz nach China wirtschaftlich am stärksten wächst.

Mit der Stärkung der Wirtschaft ist die Hoffnung auf Arbeit gross. So wächst Istanbul seit Jahren unaufhaltsam. Von rund 80,6 Millionen Türken lebt ein Fünftel in Istanbul oder deren Agglomeration. Die Nachfrage an Bildungsinstituten ist daher sehr gross.

Seit dem Jahr 1997 hat die Regierung festgelegt, dass für alle Kinder ein achtjähriger Schulbesuch obligatorisch ist. Zuvor dauerte der obligatorische Unterricht gerade mal fünf Jahre. Der Schulbesuch ist an den öffentlichen Schule kostenlos, die Eltern müssen jedoch für die Schuluniform und Bücher aufkommen. Leider ist es in abgelegenen Regionen, hauptsächlich im Osten der Türkei, nicht möglich die acht Jahre einzuhalten, weshalb in gewissen Orten die Dauer auf fünf Unterrichtsjahre gekürzt wird.

Um sein Kind hier im Kindergarten Atölye unterrichten lassen zu können, zahlen die Eltern rund 1000$ pro Monat. Eine Lehrerin verdient im Schnitt rund 2000$. Natürlich gibt es auch günstigere Schulen, die Qualität ist aber sehr unterschiedlich.

Eine Berufslehre kennt man in der Türkei nicht, so starten viele Kinder nach Vollendung der obligatorischen Schulzeit frühzeitig in den Berufsalltag. In den meisten Fällen ist das im Familienbetrieb der Eltern. Sofern es sich die Familie leisten kann, besteht die Möglichkeit den Bildungsweg an einem allgemeinen oder technischen Gymnasium weiter zu führen. Ebenso gibt es für einzelnen Berufsgruppe z.B. Polizei, Landwirtschaft, Tourismus oder Imam entsprechende Gymnasien.

Schulsystem in der Türkei

Obwohl die Türkei ein muslimisches Land ist, sind Kopftücher an Schulen verboten. Das Schwergewicht im Unterricht liegt bei Fächern wie Mathematik, Sprachen oder Algebra und basiert nicht wie in anderen muslimischen Staaten auf der Koran-Lehre. Doch seit der letzten Schulreform im Jahr 2012 haben Familien, denen die Lehre des Korans wichtig ist, die Möglichkeit Ihre Kinder in einer Imam-Hatip Schule unterrichten zu lassen. Im Vergleich zum normalen Unterrichtsstoff an 

Grundschulen sind die Fächer Koran, Leben des Propheten Mohammed und Grundwissen zur Religion Pflichtfächer. Die Angst einer stärkeren Ausrichtung an den Islam sind zu spüren, man befürchtet unter anderem, dass zukünftig eine grosse Einschränkung in den Persönlichkeitsrechten möglich ist. Dies zeigen auch die Demonstrationen vom Mai/Juni 2013 gegen die aktuelle Regierung.

Mein Termin führt mich heute nach Tarabya, ein Vorort im Norden von Istanbul. Auf der Fahrt dorthin ist der Wechsel von den 20 stöckigen Wohnhäusern zu den hinter Hecken liegenden Einfamilienhäusern nicht übersehbar. Ich befinde mich in einer ruhigen und vornehmen Umgebung. Das merkt man nicht nur an den Häusern, sondern auch an den hier dominierenden deutschen Automarken.

Kindergarten Atölye

Ich bin mit Başak Kerimoğlu, der Initiantin des Kindergartens Atölye, verabredet. Seit ihrem Studium hat sie sich immer wieder mit Themen wie Psychologie und Bildung beschäftigt.

Unter anderem besuchte Başak in Italien die renomierte Schule Reggio Emilia, wo sie sich von den dort gängigen Unterrichtsmethode inspirieren liess. Kinder sollen dabei nicht nach einem strickten Lernplan ihr Wissen erweitern, viel mehr nutzt man die Neugier des Schülers. Ist das Interesse geweckt, sind die Kinder viel lernfähiger. Başak erzählt mir während dem Gespräch wie die Schüler interessiert waren als eine Familie Nachwuchs erwartete. Eine solche Interessenphase dauert in der Regel zwei bis drei Monate, danach schwindet das Interesse am Thema.

Istanbul

Land : Türkei
Fläche : 5220km2
Dichte : 2’973 Einw. pro km2
Einwohner : 15’519’267 (2019)
Daten von wikipedia

Genau so wichtig ist es, dem Kind freie Möglichkeiten zu geben, den für sich richtigen Lösungsweg zu finden. Mit Kreativität, experimentieren und spielerischem Umgang lernt es einen Weg zur Lösung zu finden.

Der Besuch eines Kindergartens ist in der Türkei freiwillig. Um sein Kind hier im Kindergarten Atölye unterrichten lassen zu können, zahlen die Eltern rund 1000$ pro Monat. Eine Lehrerin verdient im Schnitt rund 2000$. Natürlich gibt es auch günstigere Schulen, die Qualität ist aber sehr unterschiedlich. Başak stand im Jahr 2003 ebenfalls vor der Entscheidung:“Wo soll mein Kind in Zukunft zur Schule gehen?“

Da sie kein passendes Angebot fand, entschied sie sich ihre eigene Schule zu gründen. In drei Klassen werden bis zu 15 Schüler mit zwei Lehrerinnen unterrichtet. Da die Kinder in der Schule verpflegt werden, ist ebenso eine Köchin angestellt. Die Kreativität können die Kinder zusammen mit einem Künstler ausleben. Aufgrund grosser Nachfrage wird eine Klasse in Englisch unterrichtet, ich bin überrascht wie gut die Kinder die Fremdsprache beherrschen.

Um einen Kindergarten zu betreiben, müssen mehrere Auflagen vom Staat erfüllt werden. Dabei geht es hauptsächlich um die Infrastruktur und die Anstellungsverhältnisse des Personals. Zwar macht der Staat für den Unterricht in Kindergärten Empfehlungen, sie sind aber nicht zwingend einzuhalten. Das Schulhaus macht einen sehr guten Eindruck. Die drei Klassenzimmer sind geräumig und bieten genügend Fläche zum spielen und arbeiten. Auch in der Pause, haben die Kinder genügend Platz um sich auszutoben. Die grosse Holzburg ist der Traum für jeden Buben.

Der Kindergarten Atölye ist bekannt für sein ausgezeichnetes Bildungsprogramm. Schon mehrmals wurde in den türkischen Medien darüber berichtet. Başak scheint ein klares Ziel zu verfolgen, was auch gut zu erkennen ist.