In Vietnam habe ich erfahren, wie wichtig Klöster für Studenten sind und welchen hohen Stellenwert Bildung in der Gesellschaft hat.

Auf meiner Reise durch das Mekong Delta erreiche ich die Stadt Can Tho, die viertgrößte Stadt Vietnams und die größte im Flussdelta. Leider ist mein Aufenthalt nur von kurzer Dauer und vollgepackt mit Aktivitäten, doch ich bemerke schnell, dass das Leben in der Stadt pulsiert und es immer und überall etwas passiert.

In der vietnamesischen Kultur ist Bildung ein essentieller Bestandteil der Gesellschaft.

Inmitten des ganzen Chaos aus Fußgängern, Bussen, Autos, Motorrad- und Fahrradfahrern habe ich zwei Termine vereinbart. Zum einen steht ein Treffen mit einem Mönch an, und zum anderen besuche ich eine Privatschule.

Son Tran Ven und das Kloster

Während meiner Reise durch das Mekong-Delta traf ich im Kloster Munirangsey in Can Tho den Mönch Sone Tran Ven. In diesem Kloster leben und wirken 15 Mönche. Zudem finden hier 60 Studenten aus dem ganzen Land eine Heimat, um an der örtlichen Universität zu studieren. Der 53-jährige Mönch, der schon seit 32 Jahren nichts anderes tut als seinem Glauben zu dienen, erklärte mir den Zusammenhang von Klostern und Bildung und warum sie auch heute noch im ganzen Land von großer Bedeutung sind. Hier erhalten die Studenten eine kostenlose Unterkunft, solange sie sich dazu verpflichten, bei den alltäglichen Arbeiten im Kloster mitzuhelfen.

Ein Porträt des Mönch Sone Tran Ven.

Es ist nur verständlich, dass das Angebot einer kostenlosen Unterkunft gerne genutzt wird. Vor allem auf dem Land sind weiterführende Schulen oft Mangelware. Viele sind dazu gezwungen, ihre Heimat zu verlassen, um in größeren Städten die entsprechende Bildung zu erhalten. Das grundlegende Problem dabei ist, dass die Familien auf dem Land kaum Geld haben und von dem Leben, was ihnen ihr Grundstück gibt. Unter diesen Umständen können sich Studenten oft kaum die Studiengebühren leisten, geschweige denn eine Miete für eine Stadtwohnung.

Die Weiterbildung an einer Hochschule ist kostenpflichtig, und wenn man einen Büroberuf ausüben möchte, ist das eine Grundvoraussetzung. Die Studiengebühren an den 338 staatlichen Schulen sind deutlich günstiger im Vergleich zu den 83 privaten Hochschulen, aber dennoch eine Herausforderungen für mach Studenten. An privaten Schulen müssen oft mehrere Tausend Dollar pro Semester bezahlt werden, was sich nur die besser verdienende Gesellschaft Vietnams leisten kann.

Im Land gibt es viele Klöster wie das Munirangsey, jedoch stehen diese meist nur für Männer zur Verfügung. Es ist vielerorts nicht erlaubt, Frauen in einem Männerkloster zu beherbergen. Für sie kommen meist nur teure Studentenwohnungen in Frage.

Das kleine Kloster Munirangsey befindet sich in mitten des geschäftigen Treibens der Stadt Can Tho.

Das Schulsystem von Vietnam

In der vietnamesischen Kultur spielt Bildung eine essenzielle Rolle und ist ein fester Bestandteil der Gesellschaft. Die Schulbildung umfasst in der Regel 12 Jahre. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie man ins Berufsleben eintritt.

Das Schulsystem in Vietnam ist dreistufig aufgebaut und wird durch Hochschulen ergänzt. Abhängig von den Anforderungen eines zukünftigen Berufes kann eine Berufsausbildung bereits nach der 5. Klasse begonnen werden. In der Grundschule, von der ersten bis zur fünften Klasse, lernen die Schüler grundlegendes Wissen.

Wer in der Schule bleibt, kann die Mittelschule (6.-9. Klasse) und die Oberschule (10.-12. Klasse) besuchen. In beiden Fällen besteht die Möglichkeit, ab der 9. oder 12. Klasse eine Berufsschule zu besuchen.

Can Tho

Staat : Vietnam
Region : Mekongdelta
Einwohner : 1’282’000
Fläche : 1’439 km2
Gründung : 1739
Daten von wikipedia

Für Berufe im Dienstleistungssektor ist in der Regel ein Highschool-Abschluss erforderlich, was eine Studiendauer von vier bis sechs Jahren mit sich bringt.

Vietnamese American School

In Can Tho ergab sich die Möglichkeit, eine amerikanische Privatschule zu besuchen. Die Vietnamese American School bietet Unterricht für alle Niveaus an, vom Kindergarten bis zur Highschool.

Das vierstöckige Haus dient tagsüber als Zuhause für unzählige Kinder, die unterrichtet werden möchten. Im Erdgeschoss ist der Kindergarten untergebracht. Es ist laut und chaotisch und doch ist es sauber und organisiert. Im ersten und zweiten Stockwerk befinden sich die Klassenräume für die Grundschule.
Da Urlaubszeit ist, wird ein begrenztes Schulangebot angeboten, die Schule hat sich dazu verpflichtet das ganze Jahr über geöffnet zu haben. Ganz den Wünschen der Eltern entsprechend. Der Staat schreibt dieser Schule vor, was unterrichtet werden soll. Im Vergleich zu den öffentlichen Schulen vertieft die Privatschule jedoch die Englischkenntnisse und unterrichtet auch weitere Fächer wie zum Beispiel Mathematik in Englisch.

All-Inclusive

Während die Eltern bei der Arbeit sind, um das nötige Geld für die Semestergebühr zusammenzubringen, wird den Kindern ein All-Inclusive-Aufenthalt im Schulgebäude angeboten. Der Tag der Kinder ist dabei von früh bis spät durchgeplant, von Musikunterricht bis zum Mittagessen ist alles klar strukturiert.

Während eines kurzen Gesprächs mit drei Schülern erfahre ich mehr über ihre Zukunftspläne. Zwei von ihnen streben einen Beruf mit höherer schulischer Ausbildung an, wie zum Beispiel Arzt. Diese Antworten entsprechen meinen Erwartungen. Es ist deutlich spürbar, dass eine exzellente Ausbildung für viele Eltern ein Statussymbol ist und ein sozialer Leistungsdruck herrscht.

Der Tour Guide erzählt mir nach dem Besuch, dass viele Eltern, die ihre Kinder auf eine solche Schule schicken, am Ende kaum noch Geld übrig haben oder auf Unterstützung von Verwandten im Ausland angewiesen sind, um die Ausbildung zu finanzieren. Es zeigt sich, dass eine gute Bildung oft mit hohen finanziellen Opfern verbunden ist.

Am Schluss ist es eine Frage des Geldes

Ich kehre mit vielen Eindrücken zurück. Einerseits finde ich es bewundernswert, dass es Klöster gibt, die kostenlose Unterkünfte anbieten. Andererseits sehe ich die Problematik der Geschlechtertrennung und die sozialen Ungleichheiten, die dadurch entstehen. Es ist nachvollziehbar, dass Eltern großen Wert auf eine exzellente Ausbildung für ihre Kinder legen und bereit sind, dafür viel zu opfern.

Allerdings beunruhigt mich auch die Tatsache, dass private Bildungseinrichtungen von einem mangelhaften staatlichen Schulsystem profitieren und den sozialen Druck ausnutzen, um hohe Gebühren zu verlangen.

Ich frage mich, warum der Staat nicht mehr dafür tut, um bessere und zugänglichere Bildungsstätten im gesamten Land zu schaffen, die allen Kindern unabhängig vom Geschlecht eine qualitativ hochwertige Bildung ermöglichen. Bildung scheint in diesem Land eine hohe Bedeutung zu haben, dennoch bleibt der Staat weitestgehend untätig. Es stellt sich die Frage, ob genug Anstrengungen unternommen werden, um die Bildungssituation zu verbessern und Chancengleichheit zu fördern.

Ich habe in Asien noch weitere Schulen besucht. Finde hier weitere Reportagen.

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