Ich habe mir zu Beginn dieses Projektes vorgenommen unterschiedliche Arten von Schulen und Instituten anzuschauen. Aus diesem Grund habe ich mir für Vietnam vorgenommen das ganze aus einer anderen Sichtweise zu betrachten. Ich wollte unter anderem wissen, was mit Behinderten- und Waisenkindern passiert.

Welche Art von Bildung erhalten Sie oder werden Sie sich selbst überlassen?
Wie weit sind sie in der Vietnamesischen Gesellschaft akzeptiert oder werden sie selbst von den Eltern verstossen?

Nur zwei Fragen denen ich nachgehen wollte. Per Zufall bin ich über einen Artikel im Board Magazin der Lufthansa gestolpert. Darin ging es um die Spendenorganisation Lufthansa Alliance welche ein Mädchen in Vietnam unterstützte, dass täglich mehrere Kilometer zu Fuss in die Schule gehen musste. Über sieben Ecken kam ich dann zu den Kontaktdaten der Saigon Children’s Charity Organisation in Ho Chi Minh.

Saigon Children’s Charity

Saigon Children’s Charity ist eine Non-Profit Organisation die sich auf die Verbesserung des Bildungsstandards in Vietnam spezialisiert hat. Die 24 Mitarbeiter kümmern sich um die drei Hauptziele:

  1. Bau von neuen oder besseren Schulhäusern
  2. Unterstützung von Kindern die unter erschwerten Bedingungen zur Schule gehen
  3. Angebot einer beruflichen Kurzzeit-Ausbildung von sechs Monaten (zum Beispiel Coiffeur)

Ich war von Anfang an positiv über SCC überrascht. Ich erhielt schnelle Antworten mit hilfreichen Informationen und merkte ebenso grosses Interessen meinem Projekt gegenüber.

Nun im Juli 2014 traf ich mich mit Giang Ngan Vu Tran in Ho Chi Minh. Für den heutigen Tag sind zwei Besuche geplant. Der erste wird uns in den Distrikt Cu Chi, einem Vorort von Ho Chi Minh bringen. Dort besuchen wir ein Waisenheim das von der katholischen Organisation Association Alliances International gegründet worden ist. Den zweiten Halt legen wir etwas später in Thien Phuoc ein, wo wir ein Waisenheim für Kinder mit Zerebral und Down Syndrom Erkrankung besuchen.

Das Waisenheim

Beim Besuch des Waisenheim im Distrikt Cu Chi werden wir herzlichst empfangen. Unser Auto fährt auf den Hof, wo schon unzählige Kinder neugierig auf uns warten. Wir werden von Herr Lee empfangen, ich darf an dieser Stelle die richtigen Namen nicht nennen ich respektiere diesen Wunsch und schreibe mir keine Namen auf.
Das Besprechungszimmer hatte keine Türen, weshalb die kleinen immer wieder neugierig vorbei huschten und nach uns sahen. An der Wand hängen drei Bilder von Priestern, und dem Papst. Katholiken hatten es in Vietnam nicht immer einfach. Vor dem Vietnamkrieg wurden sie teils unterdrückt  und verfolgt.

Den für was braucht man als Reisbauer ein Bachelor Diplom.

Herr Lee mag um die 35 Jahre alt sein, trägt eine Brille, ein typisch Vietnamesisches weisses Baumwolle Shirt und ein grosses Holzkreuz um ihren Hals. Eine sehr gesprächige Person. So waren seine Ausführungen immer sehr lang. Die Übersetzung ins Englisch viel jedoch um einiges kürzer aus. 

90 Kinder seien zur Zeit hier untergebracht, das Limit. Im Wesentlichen seien es Kinder die durch verstorbene Eltern keine bleibe mehr hatten. Ebenfalls gehören Kinder dazu die unter sehr schlechten Bedingungen aufwuchsen. Von allen Kindern können 80 davon die öffentliche Schule besuchen. 9 Kinder bleiben die ganze Zeit im Heim, da sie entweder unter Down Syndrom leiden oder anderweitig eine Entwicklungsschwäche aufweisen.

Die Kinder die im Haim bleiben, erlernen hauptsächlich den Umgang mit dem Alltag, so dass sie sich zu einem späteren Zeitpunkt selbst zurecht finden. Die anderen Kinder absolvieren den normalen Schulunterricht und werden bis zu ihrer Berufsfindung unterstützt. Mir erzählt Herr Lee wie unter anderem ein Kind sich im IT Bereich weiterbilden wollte und sich dank der Unterstützung selbstständig machte. Kurze Zeit später war das Unternehmen so erfolgreich, dass weitere Kinder dort Arbeit fanden.

Vietnams Schulsystem

Das Schulsystem ist in fünf Stufen aufgebaut. Kindergarten und Grundschule 1. bis 5. Klasse sind kostenlos. Wo bei Kostenlos ein relativer Begriff ist. Die Eltern haben trotzdem für die Kosten der Schuluniform und Bücher aufzukommen. Dazu kommen noch die Anfahrtskosten sowie Nahrungsmittel, wenn das Kind einen grösseren Schulweg in Kauf nehmen muss. Danach folgen drei Klassen in der Oberstufe sowie drei High School Klassen. Während dieser Zeit steigen die Kosten für die Bildung weiter und weiter. Reisbauern die ihren Kindern mit grosser Mühe die Grundschule finanzieren konnten, werden wohl spätestens ab der Oberstufe einen Schlussstrich ziehen müssen. Den für was braucht man als Reisbauer ein Bachelor Diplom.

Ho Chi Minh

Fläche : 2’095 km²
Einwohner : 8’993’082  (2019)
Dichte : 4’293 Einwohner pro km²
Daten von wikipedia

Mittagspause

Bevor ich das Gespräch mit Herrn Lee weiterführen kann, werden wir zum Mittagessen eingeladen. Die Kinder seien schon im Speiseraum und warten auf uns. Natürlich nehme ich wie auch Giang die Einladung an. Wir schreiten durch die Räume bis wir auf der anderen Seite des Hauses in den Speisesaal kommen. Eine mit Blech überdachte Halle in der 90 hungrige Mäuler und weitere Helfer des Waisenheim warten.

Mit lautem Gebrüll werden wir im Chorus der Kinder begrüsst. Am Tisch der Helfer hat man uns einen Platz gedeckt. Eine von vielen Nonnen klingelt mit einer kleinen feinen Glocke, um die Kinder um Ruhe zu bitten. Nach einigen allgemeinen Informationen wird das Tischgebet gesprochen. Von den älteren bis zu den jüngsten.

Das Essen ist köstlich und besteht aus unterschiedlichen Mahlzeiten, von denen sich jeder das nimmt, was er Lust hat. Für die Speisen stehen oft Eltern aus der Umgebung und die Kinder selber in der Küche. Während dem ich das ganze Schauspiel beobachte, merke ich wie harmonisch es ist. Die älteren kümmern sich um die jüngeren und selbst für den einen Junge mit Down Syndrom wird gesorgt. Es ist, wie eine grosse Familie.

Kurz nach dem wir die letzten Happen gegessen haben, fängt es an zu regnen. Im Juli ist Monsun Zeit und wenn es in Vietnam regnet, dann kurz aber richtig. Die Kinder erledigen den Abwasch und räumen alles weg, wir begeben uns auf eine Hausbesichtigung.

Innert Minuten sammelt sich das Wasser, die Waisenheim Leiterin Nguyen erzählt wie es durchaus vorkommen kann, dass man bis zum Knöchel im Wasser steht. Das Klassenzimmer sieht zwar sporadisch eingerichtet aus, macht aber einen soliden Eindruck. Tische, Stühle, Wandtafel stehen zur Verfügung. Im Zimmer neben an, befindet sich das Handarbeitszimmer.

Die Kinder erhalten nebst dem Unterricht an den öffentlichen Schulen noch weitere Ausbildung Möglichkeiten. Es sei wichtig, dass die Kinder auf den Alltag vorbereitet sind und das heisst lernen zu nähen und einfache Arbeiten im Haushalt zu machen. In den Schlafzimmer ist es dunkel, die Kajüten Betten sind kaum zu erkennen. Bequem sieht es nicht aus, was spielt das schon für eine Rolle, denn alles ist besser als im Regen auf der Strasse zu leben. Ich zähle 12 Plätze in einem Zimmer.

Wir schreiten durch einen Aufenthaltsraum in dem gerade ein Tanzkurs statt findet und gelangen zum Krankenzimmer. Das Krankenzimmer sieht aus wie in den Filmen aus den 80er Jahren. Links neben dem Eingang steht eine Glasvitrine in der unzählige Medikamente verstaut sind. Manche vielleicht schon abgelaufen. Doch auch hier gilt, besser etwas zu haben als gar nichts.

Ein interessanter Einblick den ich hier bekomme. Es scheinen alle aufrichtig, fürsorglich und willens genug zu sein um etwas zu bewirken.